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Miete und WEG: Haftung bei Brandschaden durch Akkus aus E-Fahrzeugen?

(ho) Elektromobilität ist ein wichtiger Baustein zum Abbau von Verkehrsemissionen innerhalb des Klimaschutzes, billig im Unterhalt schon wegen ersparter Spritkosten und deshalb „trendy“. Seit dem 1. Dezember 2020 haben Mieter bis zur Grenze der Zumutbarkeit gegenüber ihren Vermietern einen Anspruch darauf, die Herstellung einer Ladeinfrastruktur zur E-Mobilität auf eigene Kosten zu dulden. In Wohnungseigentümergemeinschaften ist es genauso: Die Gemeinschaft kann beschließen, dass die Anlage entsprechend hergerichtet wird. Weitergehend haben einzelne Eigentümer gegenüber der Gemeinschaft einen Anspruch darauf zu gestatten, dass sie auf ihre Kosten für sich selbst Ladeinfrastruktur herstellen, wenn sie E-Fahrzeuge betreiben möchten (§§ 20 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 WEG). Was aber gilt nach der Herstellung und während des Betriebes dieser Ladestationen, wenn sich die Akkus der Elektrofahrzeuge entzünden oder gar explodieren?

Hintergrund:
Werden Akkus nicht sachgerecht benutzt, werden sie zum Beispiel durch Unfälle oder sonstige Ereignisse vorgeschädigt, oder geht ihre Lebensdauer alterungsbedingt dem Ende entgegen, kann es gefährlich werden. Denn dann können sie sich entzünden oder gleich explodieren. Ein kapitaler Brandschaden am Haus, anderen Sachwerten der Nachbarn und natürlich auch Körperschäden können dann Folge sein. Wer haftet dafür?

Betrachten wir zunächst den Mieter und Eigentümer eines „abgefackelten“ E-Mobils im Verhältnis zu seinen Mieter-Nachbarn und zum Vermieter. Gegenüber seinen Nachbarn können sich vertragliche Haftungen unter keinem Gesichtspunkt ergeben. Denn innerhalb von Hausgemeinschaften sind vertragliche Beziehungen nicht anzunehmen. Auch der mit dem Vermieter bestehende Mietvertrag entfaltet keine Schutzwirkung für andere Mitmieter, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt eine vertragliche Haftung ausscheiden muss (vgl. zur Haftung unter Mietern: OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 7.9.2018 - 10 U 8/18, OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.7.2018 – 10 U 8/18, rn. 13 der Entscheidungsgründe m. w. N., jeweils juris).

Eine gesetzliche Schadensersatzhaftung aus §§ 823, 831 BGB setzt ein eigenes Verschulden voraus. Wurde das Elektrofahrzeug oder die Ladesäule / Wallbox durch einen dazu auch befugten zertifizierten Elektromeister eingebaut oder zumindest abgenommen, technisch nicht manipuliert, ordnungsgemäß betrieben und der Akku des Elektrofahrzeuge nach seinen technischen Vorgaben (Ladekapazität) beladen, scheidet ein solches Verschulden aus. Ein spezielles „Überwachungsverschulden“ kann ebenfalls nicht angenommen werden. Wird der Mieter beim Betrieb des Elektrofahrzeugs und beim Ladevorgang nicht selbst oder zumindest nicht ausschließlich allein tätig, kann allenfalls ein Auswahlverschulden im Hinblick auf die Person und ein Organisationsverschulden bei ihrer Anleitung und Überwachung infrage kommen. Regelmäßig dürfte dies aber ebenfalls ausscheiden, zumindest kaum nachweisbar sein.

Gegenüber seinem Vermieter haftet der Mieter zwar auch vertraglich für entstandene Schäden, doch setzt dies wiederum eine vertragliche Pflichtverletzung und ein Verschulden voraus, dass diese Pflichtverletzung trägt (§ 280, 281, 241 Abs. 2 BGB). Spätestens am Verschulden hapert es aber wie gezeigt.

Wenn aber der Mieter selbst nicht haftet, dann tritt auch seine Haftpflichtversicherung logischerweise nicht ein. Es bleibt dann nur noch die Gebäudeversicherung für die Schäden am Haus, hervorgerufen durch das real gewordene Versicherungsrisiko „Feuer“. Auch diese Aussage ist stark zu relativieren, und das gleich in zweierlei Hinsicht: zunächst einmal könnte es versicherungsrechtlich als „Gefahrerhöhung“ betrachtet werden, Ladeinfrastruktur und zum Betrieb von ihm Mobilität und Elektrofahrzeuge mit Akkus im Haus zu parken, zu laden und zu bewegen. Wurde dieser Gefahr erhöhende Umstand dem Versicherer zuvor nicht angezeigt, können sich sehr schnell Probleme für den Versicherungsnehmer und Gebäudeeigentümer (Vermieter) ergeben, wenn der Versicherer den eingetretenen Brandschaden regulieren soll (vgl. §§ 23 – 26 VVG). Er wird die Deckung in aller Regel zumindest kürzen oder sogar ganz verweigern, zumal er mangels Verschuldens des einzelnen Mieters keinen Regress nehmen kann. Und zum zweiten muss durch Einblick in die Police und auch durch Rücksprache mit dem Versicherer geklärt werden, ob es sich bei hergestellten Ladesäulen um ein zusätzlich zu versicherndes Risiko handelt. So ist beispielsweise eine Photovoltaikanlage auf dem Dach extra zu versichern, eine eingebaute Sauna dagegen nicht.

Schadlos halten kann sich der Versicherer auch dann in aller Regel nicht, wenn der Mieter die Versicherungsprämien über die Betriebskosten mit trägt (Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung). Denn dann muss er im Ergebnis so gestellt werden, als sei er selbst Versicherungsnehmer - er bezahlt ja auch die Prämie (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 191/13, juris; AG München, Urteil vom 17.5.2018 - 412 C 24937/17, ZMR 2019, 138). Weder der Versicherer noch der Vermieter selbst könnten deshalb Regress nehmen, bereits wegen mangelndem Verschulden des Mieters in aller Regel sowieso nicht.

Für Schäden am Hausrat könnte die Hausratsversicherung des Geschädigten, für Schäden an anderen parkenden Fahrzeugen die KFZ-Kaskoversicherung angesprochen werden.

Derselbe Befund zeigt sich im Verhältnis von Wohnungseigentümergemeinschaften zu einzelnen Mitgliedern oder zu deren Mietern, die Ladeinfrastruktur zum Betrieb von E-Mobilität begehren und eingeführt haben.

Zu denken ist in jedem Fall noch an eine sogenannte „Produkthaftung“, auch Produzentenhaftung oder Herstellerhaftung genannt. Rechtsgrundlage hierfür ist das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) vom 15.12.1989 (BGBl. I 1989, S. 2198 in der Fassung vom 17.7.2017, BGBl. I, S. 2421). Es regelt die Haftung des Herstellers eines fehlerhaften Produktes, wenn sich aus der Fehlerhaftigkeit Gefahren für den Nutzer ergeben und sich diese Gefahren zu einem eingetretenen Schaden verdichtet haben (§ 1). Allerdings entfällt diese Haftung, wenn der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte (§ 1 Nr. 5). Gerade bei Akkus mit CE-Prüfsiegel muss vermutet werden, dass sich die Hersteller der schädigenden Akkus genau darauf berufen werden. Aussagegehalt verkürzt: „Besser können wir es eben nach dem derzeitigen Stand der Technik nicht.“ Mit Sicherheit ist zu erwarten, dass ein Rechtsstreit auch aufgrund der immensen wirtschaftlichen Bedeutung für den beklagten Hersteller sehr langwierig, zeitaufwendig und teuer werden dürfte. Ob deshalb ein geschädigter privater Verbraucher einen solchen Rechtsstreit bis in die letzte Konsequenz führen kann, erscheint zweifelhaft. Zu denken ist eher an einen entsprechenden Regress eines in Anspruch genommenen Versicherers nach dem Schadensausgleich.

Wir fassen zusammen:
Der abverlangte und gegebene Nachweis einer Haftpflichtversicherung desjenigen Mieters oder desjenigen Eigentümers, der auf seine Kosten eine Ladeinfrastruktur zum Betrieb von E-Mobilität herstellen möchte, nützt in der Sache gar nichts.

Tipp:
Deshalb kann Eigentümern und Vermietern nur empfohlen werden, mit dem Gebäudeversicherer vor der Realisierung entsprechender technischer Nachrüstungen zu klären, ob dies als erhöhte Gefahr des Eintritts des gedeckten Versicherungsrisikos gesehen wird, ob deshalb die Versicherungspolice entsprechend zu erweitern ist, oder ob bereits in der Police ausdrücklich das hier thematisierte Schadenrisiko im Deckungsumfang eingeschlossen erfasst ist. Im eigenen Interesse ist dies für jeden Mitbewohner auch im Hinblick auf die eigene unterhaltene Hausratsversicherung und Kfz-Kaskoversicherung zu empfehlen.

Zu klären bleibt, ob man zur Deckung der möglicherweise erhöht anfallenden Versicherungskosten und eventuellen Rückbaukosten einem Mieter (doch) abverlangen kann, vor der eigenen Zustimmung zur Ausstattung mit E-Ladeinfrastruktur eine spezielle eigene Sicherheit beizubringen. § 554 Abs. 1 S. 3 BGB sieht dies allerdings nicht zwingend vor, sondern stellt dies in das Gutdünken des Mieters („Kann“-Vorschrift). Argumentation hierbei wäre: Entweder der Mieter bringt diese zusätzliche Sicherheit, dann wäre die Duldung entsprechend § 554 BGB zumutbar für den Vermieter und für die Nachbarn im Haus, oder erbringt sie nicht. Dann wäre wegen des erhöhten Gefahrenrisikos und wegen der Probleme eines Haftungsregresses von einer Unzumutbarkeit einer Duldung auszugehen. Konsequenz: Die Ladeinfrastruktur wird dann nicht hergestellt (§ 554 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine solche Vereinbarung bewegt sich auch ausdrücklich im Rahmen des Erlaubten und ist deshalb wirksam (§ 554 Abs. 2 BGB). Denn eine zusätzliche finanzielle Sicherheit, geleistet durch den Mieter, ist ja gesetzlich gerade vorgesehen.

Ebenso ließe sich für den Bereich des Wohnungseigentums argumentieren. § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG sieht den grundsätzlichen Gestattungsanspruch für bauliche Veränderungen zum Betrieb von E-Mobilität vor. Eine (abstrakte) Gefahrerhöhung tritt zwar nicht schon durch die hergestellte Ladeinfrastruktur ein, jedoch durch den zwingend damit verbundenen Betrieb akkugestützter Elektrofahrzeuge. Wegen der hier veranschaulichten Haftungslage könnte zumindest dieser Umstand zu einer „unbilligen Benachteiligung“ aller anderen Wohnungseigentümer führen, die dann nicht auch über die Möglichkeit eines Betriebes von E-Mobilität verfügen. Macht man diese Argumentation vom Ansatz her mit, dann dürften gemäß § 20 Abs. 4 WEG derartige bauliche Veränderungen weder beschlossen, gestattet noch verlangt werden, solange das damit einhergehende Schadensrisiko (Brand oder Explosion des Akkus eines Elektrofahrzeugs) nicht abgefedert wird. Denkt man dies allerdings absolut zu Ende, dann hätte dies zur Konsequenz, dass wohl kaum noch Ladeinfrastruktur hergestellt werden könnte. Denn das damit einhergehende letztendliche Betriebsrisiko der Akkus in Elektrofahrzeugen wäre entsprechend hoch zu quantifizieren. Deshalb kann man nach der hier vertretenen Auffassung nur über eine „Versicherungslösung“ tragbar arbeiten: Der Eigentümer, der eine solche Ladeinfrastruktur herstellen will, müsste dann einen „Gefahrenzuschlag“ zur Hausratversicherung, bzw. zur Kfz-Kaskoversicherung und zur Gebäudeversicherung leisten.

Dass die Versicherer ihre Policen entsprechend anpassen und ein erhöhtes Gefahrenpotenzial durch den Betrieb von Elektrofahrzeugen einpreisen werden, lässt sich sicher annehmen. Denn: „Aus Schaden wird man klug“.

© Dr. Hans Reinold Horst

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